Vorgestern ging ich in der Mittagspause über den Supermarkt-Parkplatz und sah zwei ältere Damen angeregt diskutieren. Als das Wort „Rechtschreibung“ fiel, spitzte ich die Ohren. Eine der Frauen fragte die andere, ob es „gewöhnt“ oder „gewohnt“ heiße in dem Satz:
„Mein Enkel ist es gewöhnt, dass ich ihn von der Schule abhole.“
Sofort notierte ich diese Frage, um sie in diesem Blogartikel zu beantworten – dafür zunächst eine Übersicht über die zwei ähnlichen, aber trotzdem unterschiedlichen Wörter:
gewöhnt
Bedeutung:
- sich vertraut machen
- sich etw./jmd. anpassen
- sich auf etw./jmd. einstellen
Herkunft:
Wortart:
- Partizip II vom Verb „gewöhnen“
Wie man danach fragt:
- Woran hat er sich gewöhnt? ➜ Mein Enkel hat sich an die Schule gewöhnt.
Besonderheit:
- „gewöhnt“ wird immer mit der Präposition „an“ oder „daran“ gebildet.
Beispielsätze:
- Mein Enkel hat sich daran gewöhnt, zur Schule zu gehen.
- Mein Enkel hat sich an seine Mitschüler gewöhnt.
gewohnt
Bedeutung:
- etwas ist üblich geworden
- etwas ist Gewohnheitssache
- etwas ist einem durch eine häufige Wiederholung selbstverständlich geworden
Herkunft:
Wortart:
Wie man danach fragt:
- Was ist er gewohnt? ➜ Mein Enkel ist es gewohnt, in die Schule zu gehen.
Besonderheit:
Beispielsätze:
- Die Schule ist für ihn mittlerweile eine gewohnte Umgebung.
- Mein Enkel ist gewohnt, früh aufzustehen.
Auflösung
Da alles ähnlich klingt, ist es recht kompliziert, das richtige Wort zu verwenden. Ein Satz, in dem der Bedeutungsunterschied deutlich wird, kann vielleicht helfen:
- Mein Enkel ist gewohnt, früh aufzustehen, aber er kann sich einfach nicht daran gewöhnen.
Und was ist jetzt mit der Frage der zwei Damen? In dieser konkreten Formulierung muss es heißen:
➜ „Mein Enkel ist es gewohnt, dass ich ihn von der Schule abhole.“
Das liegt daran, dass die Präposition „an“ fehlt und „gewöhnt“ somit grammatikalisch falsch wäre. Wenn man den Satz umformulieren würde, wären von der Bedeutung her jedoch beide Wörter zulässig:
- „Mein Enkel ist es gewohnt, dass ich ihn von der Schule abhole.“ (= Es ist üblich geworden, weil es oft vorkommt.)
- „Mein Enkel ist daran gewöhnt, dass ich ihn von der Schule abhole.“ (= Er hat sich darauf eingestellt, er mag es.)

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