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Literatur- und Sprachwissenschaft
Mit dem Lehramtsstudium kann man ja außer Lehramt nicht soo viel machen, daher habe ich innerhalb der Uni an ein anderes Fach gewechselt: Literatur- und Sprachwissenschaft. Zum Glück konnte ich mir einige Kurse anrechnen lassen und habe so insgesamt nur 1 Jahr länger gebraucht.
Erste Berufserfahrungen
Stellte sich jetzt nur die Frage: Welchen Beruf werde ich mit diesem Studium mal machen? Denn mit Germanistik kann man ja alles oder nichts werden. Oder Taxifahrerin, wie mein Vater zu sagen pflegte. ;)
Diese Frage wollte ich für mich beantworten, daher habe ich einige Praktika gemacht und verschiedene Berufe kennengelernt:
Buchhändlerin
Als Erstes habe ich ein Praktikum in einer Buchhandlung gemacht. Da ich aber den ganzen Tag im Publikumsverkehr war und die vielen Menschen um mich herum nicht so mein Ding war (:D), habe ich das relativ schnell verworfen.
Korrektorin
Tja, und dann geschah ein großer Zufall (oder Schicksal? Wer weiß … ;))! Ich ging zur Uni-Bibliothek, um Bücher zurückzugeben. Neben der Tür hing ein Aushang: Studentische Hilfskraft zum Korrekturlesen gesucht! Mein Herz hüpfte vor Freude, denn Rechtschreibung, Diktate etc. waren immer schon mein Ding.
Ich bewarb mich also und bekam die Stelle – und ging total in meiner neuen Rolle auf. Ich korrigierte Druckfahnen von dicken Jurawälzern. Und obwohl das Thema eher trocken war, liebte ich es, alles zu lernen: Korrekturzeichen, noch mehr Grammatik und Rechtschreibung und auch das Team fürs Korrekturlesen zu koordinieren. Meine Pendelzeit im Zug verbrachte ich damit, im Duden zu lesen. (Mein voller Ernst. :D)
1,5 Jahre war ich dort angestellt und genoss die Zeit in vollen Zügen. In der Zwischenzeit musste ich mir aber 2 Monate freinehmen, denn …
Online-Journalismus
Denn ich musste für ein Praktikum verpflichtend ins Ausland. Ich ging nach Paris und war als Online-Journalistin in einer deutschsprachigen Redaktion tätig.
So schön Paris auch war, so sehr habe ich gemerkt: Okay, Schreiben (für andere) macht mir nicht soo viel Spaß. Am liebsten würde ich die Texte der anderen lektorieren.
Und so kristallisierte sich nach und nach heraus: Ich glaube, ich werde Lektorin!
Verlagspraktikum
1 Woche, nachdem ich aus Paris wiederkam, ging also mein nächstes freiwilliges Praktikum los: 1 Semester in einem Verlag.
Ich war voller Vorfreude, denn endlich, so hoffte ich, kann ich unter das Thema Berufswahl einen Schlussstrich ziehen.
Konnte ich leider nicht.
Im Verlag herrschte ein ziemlich schlechtes Betriebsklima und am ersten Tag begrüßte mich eine Mitarbeiterin mit den Worten: „Du siehst ja motiviert aus. Dir wird das Lachen hier aber schnell vergehen.“ Und ja, das verging es auch.
Leider konnte ich in der Situation nicht so recht reflektieren, dass nicht der Beruf Lektorin das Problem war, sondern eben das Betriebsklima. Ich ging also ungern hin und war froh, als ich für ein Projekt oft in den Keller musste, um Bücher in ein System einzupflegen.
Dort hatte ich viel Zeit und Ruhe zum Nachdenken und dachte mir: Okay, wenn Lektorin anscheinend doch nichts für mich ist, dann vielleicht Bibliothekarin?
Bibliothek
Da ich kurz vor dem Ende meines Bachelorstudiums war, konsultierte ich Google und suchte nach Masterstudiengängen für die Bibliothek. Volltreffer, einen gab es in Köln! Da ich fachfremd war, brauchte ich als Voraussetzung wohl einen Beruf, der fachlich zu meinem Bachelorstudium passt.
Traumberuf
Und so bewarb ich mich nach meinem Studium für Jobs, die zu Germanistik passen. Bei einem schlug mein Herz höher, denn es wurde die Stelle der Korrektorin ausgeschrieben in einer Firma in Mönchengladbach! Das war eher unüblich, für alle anderen Jobs hätte ich immer in ander Städte pendeln müssen.
Nachdem ich im Einstellungstest das Probe-Korrekturlesen bestanden hatte, bekam ich tatsächlich die Stelle und ich war überglücklich. Die Tätigkeit war spannend, die Kolleg*innen und der Chef nett, und dann nur 800 m zu Fuß zur Arbeit. Ich war im 7. Himmel. Bis …
Bibliotheksstudium
Bis 6 Monate später das Bibliotheks-Masterstudium begann. Schon im Bibliothekspraktikum hatte sich angebahnt, dass ich lieber Kurzgeschichten eines Kollegen korrigiere, statt Fragen von Bibliotheksbesucher*innen zu beantworten.
Im berufsbegleitenden Studium war es ähnlich: Das Korrigieren von gemeinsamen Hausarbeitsprojekten war mein Highlight. Nicht das Lernen von Bibliothekssachen, Statistik, Systemen etc.
Nebenberufliche Selbstständigkeit
Etwas sehr Gutes hatte das eine Semester, in dem ich das Fach studiert hatte, allerdings: Denn als wir in der Pause draußen auf dem Uni-Hof standen, fragte mich ein Kommilitone, ob ich das Korrekturlesen auch professionell anbiete? Also ob ich damit selbstständig tätig sei?
Ich schaute ihn an wie ein Auto, denn in meinem Umfeld war so gut wie niemand selbstständig. Von alleine wäre ich auf diese Idee niemals gekommen.
Der Gedanke ließ mich aber nicht los, und so meldete ich mein Lektoratsbusiness zum 01.08.2017 beim Finanzamt an! Wow, war das aufregend.
Endlich angekommen
Nachdem ich Bibliothek also wieder Bibliothek sein ließ, war ich endlich angekommen: mit meiner Teilzeitstelle als Korrektorin und meiner nebenberuflichen Selbstständigkeit.
Einen Master wollte ich aber noch machen. (Rückblickend frage ich mich: wieso eigentlich? Voll der unnötige Stress. :D) Daher habe ich dann als 3. Sache noch Germanistik im Master studiert.
Es war eine anstrengende Zeit und ich glaube, ich bin kurz vor einem Burn-out davongekommen.
Trotzdem habe ich es genossen, endlich zu wissen, was ich will: Ich will Korrektorin/Lektorin sein!
Als das Masterstudium dann 2020 endlich beendet war, dachte ich daher, dass es die nächsten 40 Jahre so weitergeht: ebendiese Teilzeitstelle weiterführen und nebenberuflich selbstständig sein.
Der Sprung in die Vollzeit-Selbstständigkeit
Ging es leider nicht, denn mit Corona kam Kurzarbeit und schließlich wurde die Firma aufgekauft und die Korrekturabteilung geschlossen. Ich hatte keine Zukunft mehr dort und schließlich einigten wir uns auf einen Aufhebungsvertrag.
Ich hatte dann ein Angebot für eine Anstellung als Lektorin und genau ein Wochenende Zeit, mich zu entscheiden: Nehme ich die Anstellung? Oder werde ich dort als Freelancerin tätig und mache mich komplett selbstständig?
Nach 3 schlaflosen Nächten und einer endlosen Pro-und-Kontra-Liste hörte ich zum Glück nicht auf die Menschen in meiner Umgebung, die auf Sicherheit pochten und mir die Anstellung nahelegten. Nein, ich hörte auf mein Bauchgefühl und wagte zum 01.05.2020 den Sprung in die Vollzeit-Selbstständigkeit!
Von selbst & ständig …
Ich genoss es sehr, mich endlich mal auf eine Sache zu fokussieren, statt gefühlt immer Selbstständigkeit, Studium und Job/Praktikum gleichzeitig zu machen. Endlich bin ich angekommen und dazu noch meine eigene Chefin!
Ja, dachte ich … denn dann kam schnell die Ernüchterung: Textplattformen und Agenturen bestimmten die Timings, lange habe ich viel zu wenig pro Auftrag verdient (am Anfang tatsächlich mal nur 1 €/Seite ...) – ich arbeitete selbst und ständig. So hatte ich mir das nicht vorgestellt.
Das wollte ich ändern, also setzte ich mir einen Plan: Ich will unabhängig werden und eine Selbstständigkeit, die mir die Freiheit ermöglicht, die ich mir wünsche.
... zu souverän selbstständig
Rund um meine Kund*innenaufträge schaufelte ich mir also Zeit frei, bildete mich in Business- und Marketingthemen fort und arbeitete an meinem Business:
Ich spezialisierte mich, legte meine Zielgruppe fest und erhöhte meine Preise (mittlerweile pauschal – aber umgerechnet waren das bis zu 48 € pro Normseite). Ich setzte Grenzen und war nur noch zu meinen festen Arbeitszeiten erreichbar.
Ich fing mit regelmäßigem Marketing an – und zog dadurch Lieblingskund*innen an, die mich wertschätzten und als Expertin ansahen. Bei denen ich die Timings vorgeben und arbeiten konnte, wann mir es passte.
Endlich fühlte ich mich so frei und souverän, wie ich mir das vorgestellt hatte.
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